Mehr als nur kluge Argumente:
Emotionale Intelligenz in Verhandlungen

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Wenn Sachlichkeit nicht mehr ausreicht

Gerade in eskalierten Verhandlungssituationen oder unter starkem Druck zeigt sich die wahre Bedeutung Emotionaler Intelligenz (EI). In solchen Momenten sind nicht nur Fachwissen oder Argumentationsstärke gefragt, sondern entscheidend ist, wie gut man mit den eigenen Emotionen umgehen kann.

Wer in der Lage ist, aufkommende Gefühle wie Ärger, Frustration oder Angst rechtzeitig zu erkennen, sie zu verstehen und konstruktiv zu regulieren, bleibt auch in kritischen Situationen handlungsfähig.

EI hilft dabei, sich selbst zu beruhigen, gezielt zu reagieren statt impulsiv, und so die Kontrolle über den Verhandlungsprozess zu behalten. Gleichzeitig ermöglicht sie es, das Gegenüber emotional dort abzuholen, wo es steht: sei es, um Deeskalation zu betreiben, Vertrauen wiederherzustellen oder schlichtweg alle Beteiligten „am Tisch zu halten“.

Ohne diese Fähigkeit drohen Verhandlungen zu scheitern, nicht wegen der Inhalte, sondern wegen der Art und Weise, wie miteinander umgegangen wird. 

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Was bedeutet „Emotionale Intelligenz“?

Emotionale Intelligenz ist ein viel diskutiertes Konzept, und gleichzeitig ein Begriff, der häufig unscharf oder unwissenschaftlich verwendet wird. Im wissenschaftlich fundierten Sinn beschreibt EI die drei Fähigkeiten, eigene und fremde Emotionen zu erkennen, zu verstehen und zu regulieren.

Wer emotional intelligent agiert, hat ein Bewusstsein dafür, …

– was er oder sie fühlt,

– warum diese Emotion entsteht und

– wie damit umgegangen werden kann.

Zentrale Bausteine sind u.a. ein differenziertes Emotionsvokabular, das Verständnis emotionaler Dynamiken (z.B. Ansteckungseffekte, emotionale Klimas), sowie die Fähigkeit, nicht nur inhaltliche Ziele zu definieren („Was wollen wir erreichen?“), sondern auch emotionale („Wie wollen wir uns am Ende fühlen?“).

EI bedeutet, Emotionen weder zu verdrängen noch ihnen ausgeliefert zu sein, sondern sie gezielt zu nutzen. 

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Emotionale Intelligenz im Harvard-Konzept

Im Sinne des Harvard-Konzepts der sachgerechten Verhandlung sind Emotionen zentrale Wegweiser für Interessen. Was keine emotionale Relevanz für uns hat, gerät schnell in den Autopilot-Modus, also es verschwindet aus unserem bewussten Fokus. Emotionen dagegen lenken unsere Aufmerksamkeit dorthin, wo für uns etwas wirklich auf dem Spiel steht. Das gilt sowohl für uns selbst als auch für unser Gegenüber.

Wer emotionale Signale lesen kann, versteht besser, welche tieferliegenden Interessen und Bedürfnisse verhandelt werden, oft jenseits des Offensichtlichen.

EI unterstützt also den Kern des Harvard-Modells: Interessen erkennen, Wahrnehmungen (er-)klären, kreative Optionen entwickeln, sich mit strategischen Alternativen emotional zu beruhigen, die Beziehung stärken. Ohne EI bleiben viele Interessen unsichtbar, oder werden durch Missverständnisse und Reaktivität überdeckt.